Sie predigen Chia-Samen, Hafermilch und Smoothie-Bowls und posen am nächsten Bild mit Designerledertasche, Uggs und Lammfellteppich passend zum Hemnes-Zimmer. Reichweitenaktivismus.
Filter hier, Weichzeichner dort und ein inspirierendes, buddhistisches Zitat. Das perfekte Instagram-Posting ist geboren. Dass sich die Plattform eher um schöne Bildchen als um Aktivismus und Politik dreht liegt klar auf der Hand. Ganz ohne Aktivismus kommen die UserInnen trotzdem nicht aus, denn es gibt tatsächlich einen, den viele gerne mit einem Herzchen makieren. Zum Leidwesen eingefleischter (Achtung Wortspiel!) VeganerInnen und TierschützerInnen gibt es immer mehr #fitspo VeganerInnen, die sich mit vermeintlichem Aktivismus brüsten und damit auf Followerjagd gehen.
Veganismus ist sexy geworden. Die Ernährungsform steht bei vielen nicht mehr für Tierschutz, sondern eher für Schönheits- und Wellnesskult, Kapitalimus und Reichweite. Versteht mich nicht falsch, ich möchte hier keiner/keinem vorschreiben, welche Lebens- oder Ernährungsform am Besten ist, aber es ist auffällig wie IN dieses Thema ist. Ernährung ist (in der ersten Welt) längst zum Lifestyle geworden. Meiner Meinung nach nicht ungefährlich, wenn man die steigenden Zahlen der essgestörten Menschen in der Bevölkerung betrachtet.
Ich dachte eigentlich, die Instawelt habe sich bereits an Açai-Bowls, zehnstöckigen Pancake-Towers und grünen Smoothies sattgesehen. Nope, beliebt wie eh und je! Es mag bei hoher Reichweite womöglich auch positive Folgen mit sich ziehen und Menschen zum Nachdenken über ihren Fleischkonsum bringen. Ansonsten ist der Pseudo-Aktivismus aber klar durchschaubar nur Reichweitenbringer.
Im Gegensatz zu veganer Ernährung wird Feminismus von der breiten Masse eher als unsexy eingestuft. Unnötig und überzogen – wie viele meinen. Probiert es selbst aus: Ergänzt eure Instagram-Bio mit „Feministin“ und ihr werdet schnell bemerken, wie viele FollowerInnen still und heimlich den grünen Button wieder in blau verwandeln. Girlpower erlebt hingegen eine unheimliche Renaissance. Shirts, Tassen, Aufnäher – die Liste an Grlpwr-Merch ist unendlich. Aber warum haben die Menschen eine derartige Abneigung Girlpower beim Wort zu nennen? Nämlich Feminismus.
Meine These: Es lässt sich einfach besser vermarkten. Im Duden ist unter dem Begriff Girlpower folgende Definition zu finden: „Kraft, Stärke und besonders stark ausgeprägtes Selbstbewusstsein junger Frauen.“ Solche Kundinnen wünscht sich doch nahezu jedes Unternehmen. Diese Tatsache lässt sich auch wunderbar am aktuellen Werbemarkt beobachten. H&M, Billa und Co geht es weder um Aktivismus oder Frauenrechte, sondern nur um schwarze Zahlen und Imageverbesserung.
Unsere Gesellschaft steckt fest. Auf die Frage „Bist du FeministIn?“ ist die häufigste Antwort „Hmm – ich bin schon für Gleichberechtigung, aber FeministIn bin ich nicht, weil ich nur für Gleichberechtigung bin.“ Solche Aussagen sind für mich immer wie ein Schlag in den Magen. Es schmerzt und übel wird mir auch. Die jüngere, attraktive Version „Girlpower“ kommt viel besser an. Aber Leute: Es lässt sich nicht überall ein Filter darüberlegen, damit es schöner, jünger oder besser vermarktbar wird. Manche Dinge müssen beim Namen genannt werden. Feminismus ist eines dieser Dinge. Lasst euch nicht blenden.
VOI REAL !
Auf den Punkt gebracht. Spricht mir aus der Seele.
Hoch leben die Feministinen.
Alles Liebe,
Lisa von http://www.fashiontamtam.com
<3